Das Sehen ist eines der Sinne, die uns bereits angeboren sind – aber genau wie alle anderen auch, müssen wir sie erst lernen und schließlich irgendwann meistern. Die Augen sind hier keine Ausnahme. Tatsächlich entwickeln wir unser vollständiges Sehvermögen erst circa im Alter des Schuleintritts – unsere ausgeprägte „Erwachsenensicht“ sogar erst mit eintritt der Adoleszenz.
Jeder einzelne der Entwicklungsbausteine unserer Kinder ist ausschlaggebend für ein ausgewogenes und komplettes Heranwachsen und nachfolgende Etappen können ohne das Abschließen voriger nicht abgeschlossen werden. Kinder wissen allerdings nicht, ob ihr Sehvermögen eingeschränkt ist – und es liegt an uns, als Eltern, Anzeichen zu erkennen und Maßnahmen frühestmöglich einzuleiten.
Laut dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. leiden etwa 20%, also jedes fünfte Kind an einer Sehschwäche – 60% von ihnen bleiben unerkannt und sorgen somit nicht nur für eine Behinderung in ihrer Gesamtentwicklung, sondern auch zu einer lebenslangen Beeinträchtigung im Alltag. Mittlerweile haben fast zwei Drittel aller erwachsenen Deutschen einen Sehfehler – dabei kann vor allem in der Frühentwicklung eine eventuelle Schwäche mit großer Erfolgsrate vollständig ausgeglichen werden.
Die korrekte Ausbildung des Sehvermögens ist ausschlaggebend für ein akkurates und verlässliches räumliches Sehen, einem ausgeprägten Sozialverhalten und Sozialverständnis – vor allem in Bezug auf das Verstehen von nonverbaler Kommunikation on Form von Körpersprache – und der Körperwahrnehmung, um nur einige zu nennen.
Die unterschiedlichen Sehschwächen selbst können unfassbar umfangreich sein und, wie bei uns Erwachsenen auch, verschiedenste Ursachen und Symptome zur Folge haben. Am weitesten verbreitet sind auch hier die Weitsichtig- und Kurzsichtigkeiten, die im Normalfall mit Brillen und dem Tragen von Kontaktlisen (ab dem Alter von circa 8 Jahren) ausgeglichen werden können. Vor allem mit tagtäglichem Rausgehen und Bewegen kann dem allerdings gut vorgebeugt werden, wenn auch nicht verhindert. Sehschwäche ist stark vererbbar und Kinder mit Eltern, die einen Sehfehler besitzen, sind drei- bis sechsmal (je nachdem ob ein oder zwei Elternteile betroffen sind) so gefährdet.
Auch Hornhautverkrümmungen oder ein Schielen kann häufig auftreten, was ebenfalls durch Brillen und das phasenweise Abkleben des passiven Auges ausgeglichen und behoben werden kann. Es kann auch vorkommen, dass sich die beiden Augen unterschiedlich stark entwickeln und eine sogenannte Schwachsichtigkeit auftritt – wobei eines der Augen vom Gehirn fast komplett abgeschaltet und sich auf das starke Auge konzentriert wird; ein Genickbruch für das räumliche Denken. Neben diesen häufigsten Vorkommnissen gibt es noch eine Handvoll weiterer Ursachen, die der Augenarzt bei Diagnose feststellen kann.
Aber wie genau können wir als Elternteil erkennen, dass etwas in der Sinnesentwicklung unserer Kinder nicht ganz so abläuft, wie es sollte? Häufige Symptome von unerkannten Sehschwächen können ähnlich sein, wie die von Erwachsenen: Schielen, ein häufiges Blinzeln oder Zusammenkneifen der Augen, sowie Konzentrationsschwächen und oft auftretende Kopfschmerzen. Offensichtliche Rötungen oder Verfärbungen um und im Auge sollten ebenfalls direkt zum Arzt führen. Aber auch etwas unterschwellige Symptome wie mangelnder Lust bei kreativen Aktivitäten wie Malen, Schneiden oder Faltarbeiten – oder auch dem Betrachten oder Lesen von Büchern.
Bei Schulkindern kann auch eine Leserechtschreibschwäche auf einen Sehfehler hinweisen. Und auch fehlende Balance und Fähigkeiten bei beispielsweise Sportspielen, die Bälle involvieren, könnten darauf hindeuten, dass die Hand-Augen-Koordination nicht so ausgeprägt und -bildet ist, wie sie sein sollte. Falls einige dieser Aufzählungen auf euer Kind zutreffen könnte – lieber einmal mehr zum Kinderarzt huschen und auf Nummer sicher gehen.