Man hat es sich so schön vorgestellt: Die ganze Familie um den Tisch versammelt, alle reden fröhlich durcheinander und das Baby gluckst begeistert über jeden Bissen. Nach der Still- oder Fläschchenzeit freuen sich die meisten Eltern darauf, mit dem Kind ihr liebstes Essen zu teilen, doch während einige Kinder alles probieren, sind andere ausgesprochen wählerisch.
Picky Eaters lehnen Gemüse ab und weigern sich, Neues zu probieren. Man macht sich Sorgen um den Nährstoffhaushalt des Nachwuchses und jede Mahlzeit wird ein kleiner Kampf. Wir erklären, warum Eltern von wählerischen Essern die Ruhe bewahren dürfen und mit welchen Tricks sie ihr Kind auf den Geschmack von abwechslungsreichen Familienmahlzeiten bringen.
Viele Kinder sind beim Essen wählerisch – aus gutem Grund
Es kann eine Herausforderung sein, einen wählerischen Esser am Familientisch zu haben, doch es hilft wenig, in Panik zu verfallen und Druck aufzubauen. Vielmehr sind Ruhe und Geduld gefragt. Das sagt sich so leicht, aber vielleicht hilft der Gedanke, dass viele Kinder ausgesprochen wählerisch beim Essen sind und dass dies gute Gründe hat. Zum einen nehmen Kinder Süße und Bitterkeit ganz anders wahr als wir Erwachsenen. Zudem können sie Dinge schmecken, die wir gar nicht mehr bemerken. Umgekehrt haben wir einen Geschmack ausgebildet, über den das Kind bisher nicht verfügt.
Außerdem sind einige Kinder besonders empfindlich gegenüber den sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln. Manche Kinder mögen nichts, das zu weichgekocht ist, andere reagieren empfindlich auf bestimmte Gerüche. Weiterhin schlummert in jedem Kind noch ein Steinzeitbaby und für die Kinder unserer Vorfahren war es von Vorteil, skeptisch gegenüber neuen Nahrungsmitteln zu sein, denn das hat sie vor Gefahren wie einer Vergiftung bewahrt. Last but not least spielt auch beim Thema Essverhalten die Genetik eine Rolle.
So wird die Mahlzeit zum positiven Erlebnis
Heißt das nun, dass man alle Versuche, dem Kind Freude an Lebensmitteln und verschiedenen Geschmacksrichtungen näherzubringen, aufgeben sollte? Aber nein. Es gibt durchaus Möglichkeiten, dem Baby zu helfen, seine Abneigung oder Vorsicht zu überwinden, denn auch individuelle Erfahrungen und kulturelle Praktiken sowie die Art und Weise, wie neue Lebensmittel präsentiert werden, sind wichtige Faktoren, die das Essverhalten von Kindern beeinflussen.
Vieles läuft dabei über die Vorbildfunktion, darum sind gemeinsame Mahlzeiten so wichtig. Zeigen hierbei Eltern und Geschwister Freude und Genuss an bestimmten Lebensmitteln, wird auch der Picky Eater früher oder später von dem probieren, was der Rest der Familie genießt. Dafür ist es nicht zuletzt wichtig, eine gute Atmosphäre am Familientisch zu etablieren und für das Baby die Möglichkeit zu schaffen, sich selbst von verschiedenen Speisen zu bedienen. Zu diesem Zweck sollte das Essen für das Baby oder Kleinkind in mundgerechte Häppchen geschnitten werden.
Verschiedene Bestandteile der Mahlzeit sollten getrennt voneinander in Schälchen oder auf einem Teller mit mehreren Fächern so platziert werden, dass das Kind eigenständig nehmen kann, was ihm zusagt. Gegessen wird mit den Händen. Auf diese Weise kann das Kind auch die verschiedenen Texturen erkunden und sich mit allen Sinnen mit den Lebensmitteln vertraut machen. Das wird die ein oder andere Matscherei geben, aber leicht waschbare Babylätzchen schützen vor Flecken auf der Babykleidung und sorgen für entspannte Eltern. Je weniger Aufmerksamkeit das Kind beim Essen bekommt, desto besser. Druck sollte nie im Spiel sein, aber kleine Belohnungen nach der Gemüsemahlzeit sind erlaubt.
Was sonst noch das Interesse weckt:
- Mithilfe: Wird das Kind beim Zubereiten der Mahlzeiten einbezogen, wird es die selbstgemachten Speisen eher probieren wollen. Schon sehr kleine Kinder können mit entsprechendem Küchenwerkzeug mithelfen.
- Unterschiedliche Zubereitung: Vielleicht mag das Kind die Möhrchen nicht gekocht, aber roh? Kommt beides nicht an, hilft vielleicht ein Gewürz wie Thymian, um das Ganze interessanter zu machen
- Stückchenweise: Kinder, die statt Breikost schon sehr früh die Nahrung in Häppchen zu sich nehmen, entwickeln sich seltener zu Picky Eaters.
- So früh wie möglich: Werden neue Lebensmittel eingeführt, ist es eine gute Idee, das möglichst frühzeitig zu tun, denn der frühe Kontakt mit einer abwechslungsreichen Palette an Nahrungsmitteln beugt wählerischem Essverhalten vor.
- Wieder und wieder: Ein weiteres Motto lautet „Wir geben niemals auf“. Wenn ein neues Lebensmittel nicht beim ersten, zweiten oder dritten Mal akzeptiert wird, heißt das gar nichts. Es sollte immer wieder angeboten werden, damit das Kind Zeit hat, im wahrsten Sinne des Wortes auf den Geschmack zu kommen.
- Das Auge isst mit: Wer schätzt nicht eine Mahlzeit, der man auf den ersten Blick ansieht, dass sie liebevoll zubereitet wurde? Neue Lebensmittel können ruhig einmal als Clownsgesicht oder auf andere kreative Weise schmackhaft gemacht werden.
Picky Eater oder ernsthaft krank?
Ein wählerischer Esser ist kein Grund zur Sorge, allerdings sind die Grenzen zwischen einem normalen und einem gestörten Essverhalten für Eltern kleiner Kinder und Babys oft schwer zu erkennen. Im Zweifelsfall sollte der Kinderarzt um Rat gefragt werden. Kommt es zur kompletten Nahrungsverweigerung, treten körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen, Erbrechen oder Gewichtsverlust auf, sollte in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden.