Wie gesund sind unsere Kinder? Diese Frage sollte eigentlich positiv beantwortet werden, denn die medizinische Forschung hat im Gegensatz zu früheren Generationen im Bereich Kindergesundheit erhebliche Fortschritte gemacht. So konnten mittlerweile gefährliche Infektionskrankheiten durch umfassenden Impfschutz zurückgedrängt werden. Lebensgefährdende Kinderkrankheiten scheinen inzwischen durch lückenlose Vorsorgeuntersuchungen weitgehend der Vergangenheit anzugehören. Ernährungs- und Bewegungsprogramme steuern zur Kindergesundheit bei. Kinder- und Jugendberatungsstellen kümmern sich um den Nachwuchs bei psychischen Problemen und Erziehungsschwierigkeiten. Was können die Eltern tun, damit ihr Kind gesund heranwächst? Lesen Sie weiter!
Was verstehen wir unter Kindergesundheit?
Gesund ist derjenige, der nicht krank ist, so lautet die allzu banale Definition. Aber Gesundheit bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und körperlichen Gebrechen. Ein gesunder Mensch befindet sich im „Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“ (Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO). Gesund ist ein Kind also erst dann, wenn es unter optimalen körperlichen, geistigen und sozialen Bedingungen aufwachsen kann. Hierzu gehören lückenlose Vorsorgeuntersuchungen von der Geburt bis mindestens ins Schulalter hinein, hervorragende medizinische Betreuung, umfassende Bildungsangebote bereits in Kinderkrippen und Kindertagesstätten und ein liebevolles, soziales Umfeld. Leider leben längst nicht alle Kinder unter diesen Voraussetzungen.
Wie gesund sind die Kinder in Deutschland?
Eine Langzeitstudie des Robert Koch Instituts aus dem Jahre 2007 hat ein erschreckendes soziales Gefälle innerhalb Deutschlands ermittelt. Die KiGGS-Studie (Kinder- und JuGendGesundheitsSurvey) untersuchte nahezu 18.000 Kinder und Jugendliche. Hierbei kam zutage, dass die Probanden nicht nur erhebliche schichtspezifische Unterschiede in den Bereichen Familieneinkommen und Bildung, sondern auch im Gesundheitsbereich aufwiesen. So war der Gesundheitszustand der sozial Benachteiligten deutlich schlechter als bei den Kindern aus der Mittel- und Oberschicht. Das zeigte sich besonders bei den gesundheitlichen Risiken Übergewicht mit der Folgeerkrankung Diabetes, bei Suchterkrankungen, Verhaltensstörungen und bei der Anzahl der Unfälle. Niedrige oder gar fehlende Einkommen der Eltern, allzu beengte Wohnverhältnisse und ein konfliktträchtiges Umfeld (häufiger Streit und häusliche Gewalt) gehörten zu den Risikofaktoren. Leider scheint sich inzwischen so gut wie nichts verändert zu haben. Die soziale Schere klafft sogar weiter als bisher auseinander. Obwohl die Vorsorgeuntersuchungen der Kinder kostenlos angeboten werden, medizinische Versorgung für alle Kinder und Jugendlichen gewährt wird und obwohl es zahlreiche Hilfsangebote und Präventionsmaßnahmen gibt, kommen diese Hilfsmaßnahmen scheinbar nicht überall an.
Die neue Morbidität – Wohlstandserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
Auch wenn sich der Gesundheitszustand unserer Kinder vor allem durch die Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten verbessert hat, nehmen andere Erkrankungen innerhalb unserer Gesellschaft zu. Und davon sind auch Kinder und Jugendliche der Mittel- und Oberschicht betroffen. Eltern wissen ein Lied von ihren bewegungsunwilligen Sprösslingen zu singen, die während ihrer gesamten Freizeit entweder vor dem PC, der Spielkonsole und dem Fernseher hängen oder mit ihrem Smartphone in der Hand unablässig „simsen“ und gebannt auf Nachrichten warten. Gesunde sportliche Betätigung in Vereinen und spielerische Bewegung in freier Natur unterbleiben oft zugunsten der Droge Neue Medien.
Gesündigt wird auch bei der Ernährung. Fast Food scheint eine größere Anziehungskraft zu haben als gesunde, ausgewogene Kost. Bevorzugt wird viel zu fette, zuckerhaltige Nahrung, die mal schnell unterwegs heruntergeschlungen wird. Viele Kinder und Jugendliche verlassen ohne Frühstück das Haus, das Pausenbrot wird ersetzt durch süße Snacks. Kein Wunder, dass sich bei dieser Lebensweise das Körpergewicht kontinuierlich erhöht. Erschreckend ist die hohe Zahl der jugendlichen Diabetiker, die frühzeitig Insulin spritzen müssen. Durch mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung erhöhen sich auch die Herz- und Kreislaufkrankheiten und die Erkrankungen am Bewegungsapparat. Viele Kinder klagen über Rückenschmerzen, rheumatische Beschwerden nehmen zu. Notwendig ist daher die gesundheitliche Aufklärung in der Schule. Das Fach Gesundheit und Ernährung sollte bereits in der Grundschule in den Lehrplan integriert werden.
Die Vorsorgeuntersuchungen – notwendige Gesundheitskontrollen für Kinder
Die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 für Neugeborene und Kleinkinder bis zum Schuleintritt sind seit 1991 gesetzlich verankert, eine nicht zu unterschätzende Errungenschaft. Alle Kinder haben einen Anspruch auf eine gründliche Untersuchung ihres allgemeinen Gesundheitszustands und der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung in regelmäßigen Abständen. Außerdem werden in diesem Rahmen die notwendigen Schutzimpfungen durchgeführt. Ein Hörscreening bei Neugeborenen ist notwendig, um Hörschäden frühzeitig zu erkennen, um sie entsprechend behandeln zu können. Die Kosten der Untersuchungen, der Beratungen und der erforderlichen Prophylaxe-Maßnahmen sowie der Impfungen werden vollständig von den Krankenkassen übernommen. Die erste Früherkennungsuntersuchung U1 wird sofort nach der Geburt durchgeführt. Die letzte gesetzlich vorgesehene Untersuchung „U9“ findet zwischen dem 60. und 64. Lebensmonat statt, also kurz vor der Einschulung. Eine lückenlose Wah rnehmung aller U-Untersuchungen ist unverzichtbar, denn nur dann können Krankheiten, Entwicklungsverzögerungen und besondere Probleme rechtzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Schutzimpfungen – ein wichtiger Beitrag zur Kindergesundheit
Kinderlähmung, Typhus, Diphtherie und andere schwere Infektionskrankheiten galten früher oft als Todesurteil für zahlreiche Kinder. Durch frühzeitige Schutzimpfungen jedoch haben diese Krankheiten ihren Schrecken verloren. Auch sogenannte Kinderkrankheiten wie Masern, Röteln, Mumps und Windpocken können durch rechtzeitiges Impfen der Säuglinge und Kleinkinder verdrängt werden. Die Impfungen werden meist im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen (ab U4) durchgeführt. So können Folgeschäden durch Infektionskrankheiten verhindert werden. Nebenwirkungen werden kaum noch beobachtet, und den kleinen Pieks haben die Kinder bald vergessen.
Kindergesundheit bedeutet auch Zahngesundheit
Karies ist der Feind gesunder Zähne. Ein umfangreiches zahnärztliches Vorsorgeprogramm ist notwendig, um Schäden am Gebiss der Kleinen gar nicht erst auftreten zu lassen. So ist eine vorbeugende Behandlung mit Fluorid bereits vor Austreten der ersten Zähnchen sehr wichtig. Die Zahnvorsorge wurde daher in das Früherkennungsuntersuchungsprogramm integriert. Die richtige Zahnpflege und die zahngesunde Ernährung spielen schon bei den ersten Milchzähnen eine bedeutende Rolle. Wichtig ist auch die regelmäßige Kontrolle des Kiefers. So können frühzeitig Zahn-Fehlstellungen verhindert werden.
Ausgewogene Ernährung und viel Bewegung – wichtige Voraussetzungen zur Kindergesundheit
Ein große Portion Pommes mit Majo, dazu einen Big Mac, zur Abwechslung einen Döner und abends eine Pizza, als Getränk literweise Cola und zwischendurch massenweise Süßigkeiten – kein Wunder, dass übergewichtige Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft immer häufiger anzutreffen sind. Das Dramatische ist der Anstieg der Stoffwechselkrankheit Diabetes. Sogenannte „Altersdiabetiker“, Diabetes Typ II, werden immer jünger. Notwendig ist eine radikale Veränderung des Ernährungsverhaltens. Es gibt so wundervolle Lebensmittel, die gesund sind und satt machen, Nahrung, die alle notwendigen Nährstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente enthält. Die Kinder müssen erfahren, dass gesunde, fett- und zuckerarme Ernährung überhaupt nicht langweilig, sondern schmackhaft und abwechslungsreich sein kann. Immer häufiger sind Ernährungsberater in Schulen anzutreffen. Schulküchen zaubern die leckersten Gerichte mit viel Gemüse und gesunden Zutaten. Zum Nachtisch mundet ein knackiger Apfel.
Der Stoffwechsel gerät am besten in Schwung, wenn der Körper sich ausreichend bewegt. Kinder und Jugendliche, die regelmäßig Sport treiben, stärken ihre Widerstandskräfte, ihr Kreislauf wird aktiviert, Fett schneller verbrannt, sie werden nicht dick. Viele Kinderärzte verordnen bereits Ausdauersport und Krafttraining bei Übergewicht, Diabetes und Herz- und Kreislauferkrankungen.
Hilfreiche Ratschläge für Eltern
- Die Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 und wichtige Impftermine sollten lückenlos eingehalten werden. Mitzubringen sind das gelbe Kinderuntersuchungsheft, der Impfpass und die Krankenversicherungskarte.
- Die Zahnvorsorge beginnt bereits im Säuglingsalter. Maßnahmen zur Kariesvorbeugung ist die Verabreichung von Fluorid.
- Für die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit ist eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung unerlässlich.
- Statt Süßigkeiten sollten die Kinder lieber Obst, Gemüsesnacks und Nüsse verzehren.
- Tägliche Bewegung durch Spiel und Sport in der freien Natur macht Spaß, aktiviert den Stoffwechsel und stärkt das Immunsystem.
- Bei Notfällen sollte nicht die ambulante Praxis, sondern sicherheitshalber gleich ein Krankenhaus oder eine Kinderklinik aufgesucht werden.
- Bei Verdacht auf Vergiftungen ist es sinnvoll, den Giftnotruf zu wählen.
Wichtige Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche:
- der Kindernotruf bei Problemen jeder Art,
- das Jugendamt,
- Kinder- und Jugendberatungsstellen,
- Suchtberatungsstellen bei Problemen mit Alkohol, Tabletten und Drogen,
- Ernährungsberatungsstellen bei Übergewicht und Essstörungen,
- Diabetesberater,
- Kinder- und Jugendpsychologen,
- der Kinderschutzbund,
- Notdienst für Kinderschutz.
Die Eltern erhalten umfassende Auskünfte unter anderem bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter dem Link www.kindergesundheit-info.de.