Die Frühförderung von Kindern unter einem Jahr empfinden viele Kritiker als überflüssig und sehen darin allein den Wunsch überehrgeiziger Eltern, ihre Babys mit anderen Kindern konkurrieren zu sehen. Alle Frühförderangebote zu verdammen, wäre in diesem Zusammenhang aber ein wenig zu einfach. Viele Angebote für Babys bzw. Kleinkinder und ihre Eltern dienen vor allem dem Austausch und ermöglichen den Mamas und Papas die gezielte und reflektierte Interaktion mit ihrem Kind. Zu den beliebtesten Angeboten in diesem Bereich gehört PEKiP, das Prager-Eltern-Kind-Programm. Die Kurse werden mittlerweile auch in kleineren Ortschaften angeboten und richten sich an Eltern mit Kindern im Alter zwischen sechs Wochen und zwölf Monaten.
PEKiP – Ein Programm für Babys und ihre Eltern
Mit Förderung im klassischen Sinn hat PEKiP im Grunde wenig zu tun. Vielmehr geht es darum, Eltern zu befähigen ihr Baby besser zu verstehen und seine Bedürfnisse zu erkennen. Zudem soll der Austausch zwischen Eltern mit Kindern im gleichen Alter ermöglicht werden, ohne dass typische Konkurrenzdenken à la „Mein Kind ist zwar erst sechs Wochen alt, kann aber schon…“ zu unterstützen. Das Baby selbst erhält Zeit und Raum, mithilfe einer vorbereiteten Umgebung seinem Alter entsprechende Lern- und Spielerfahrungen zu machen sowie ganz ungezwungen Kontakt zu Gleichaltrigen aufzunehmen.
In den 60er Jahren entwickelte Jaroslav Koch, ein Prager Kinderpsychologe, erste Ideen für ein Programms für Babys im ersten Lebensjahr und deren Eltern. Er hatte festgestellt, dass nackte Kinder glücklicher sind und freier agieren können als solche, die in mehrere Kleidungsschichten „eingepackt“ sind. Ein Jahrzehnt später griffen Christa und Hans Ruppelt, ebenfalls Psychologen, den Ansatz auf und entwickelten das Prager Eltern-Kind-Programm. Der damals gegründete Verein PEKiP e.V. vergibt bis heute die Lizenzen für Gruppenleiter und kümmert sich um die Qualitätssicherung. Heute ist das PEKiP-Konzept auf der ganzen Welt bekannt und gehört zu den beliebtesten Frühförderangeboten überhaupt.
Wöchentliche Spiel- und Lerneinheiten mit dem Prager-Eltern-Kind-Programm
Eine PEKiP-Einheit findet einmal pro Woche statt und dauert 90 Minuten. Teilnehmen können sechs bis acht Kinder mit einem oder beiden Elternteilen. Starten können Eltern, nachdem die U3-Untersuchung absolviert wurde, allerdings ist auch ein späterer Einstieg problemlos möglich. Die meisten Kinder sind bereits einige Monate alt, wenn sie mit PEKiP beginnen.
Ort des Geschehens ist ein großer, möglichst nur spärlich möblierter Raum, der sich gut heizen lässt, denn die Babys werden für die PEKiP-Stunde komplett nackt ausgezogen. Das ist wichtig, damit die Kleinen sich und ihre Umgebung intensiver wahrnehmen können und den Körperkontakt zu ihren Eltern noch besser genießen.
Um den Boden nicht zu verunreinigen, legen die Eltern Handtücher oder leicht zu reinigende, rutschfeste Matten unter ihre Kinder. Da trotzdem häufig ein Malheur passiert, macht es Sinn, wenn Eltern Wechselwäsche sowohl für ihr Kind als auch für sich selbst bereit halten.
Idealerweise sollte eine PEKiP-Gruppe altershomogen zusammengesetzt sein; das bedeutet, der Altersunterschied zwischen den teilnehmenden Kindern beträgt in der Regel nicht mehr als sechs Wochen.
Der Kurs darf nur von zertifizierten PEKiP-Gruppenleitern durchgeführt werden. Das Zertifikat vergibt einzig der PEKiP e.V., nachdem die angehenden Gruppenleiter eine umfangreiche Weiterbildung mit Theorie- und Praxisteilen durchlaufen haben, die mit praktischen Prüfungen abschließt.
Acht bis elf Kurseinheiten kosten 60 bis 80 Euro. Sind diese vorbei, beginnt jedoch ohne Unterbrechung ein neuer Kurs, denn die Babys dürfen so lange teilnehmen, bis sie selbstständig laufen können. Die angebotenen Spiel- und Lernanreize werden an die jeweilige Entwicklungsstufe der teilnehmenden Kinder angepasst.
Wie läuft eine PEKiP-Einheit ab?
Die Einheit beginnt meist damit, dass die Eltern ihre Kinder behutsam von ihren Kleidungsstücken befreien. Wie viele Prozesse beim PEKiP wird auch dieser durch Singen oder durch ein Fingerspiel begleitet, um die Aufmerksamkeit der Kinder zu lenken. Anschließend liegen die Babys auf dem Bauch und bilden einen Kreis. So können sie sich gegenseitig anschauen und werden dazu angeregt, den Kopf hoch zu halten und sich abzustützen. Das stärkt die Muskeln und trainiert den gesamten Bewegungsapparat.
Die zur Verfügung gestellten altersgerechten Gegenstände wie Bälle oder Tücher haben für die Babys einen hohen Aufforderungscharakter und regen dazu an, damit zu spielen und so wichtige Lernerfahrungen zu machen. Zwischendurch gibt die Gruppenleiterin Gesprächsanreize, um den Austausch der Eltern untereinander anzuregen und sie für die Entwicklungsschritte und Bedürfnisse ihrer Kinder zu sensibilisieren ohne dass die Kinder untereinander verglichen werden.
Am Ende der Einheit nehmen die Eltern ihre Kleinen auf den Arm und „tanzen“ mit ihnen. Das sorgt für Vergnügen auf beiden Seiten und ist eine Art Abschlussritual.
Viele PEKiP-Übungen können auch zu Hause durchgeführt werden
Die meisten PEKiP-Übungen sind auch zu Hause umsetzbar. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Raum sich wirklich warm aufheizen lässt und genügend Platz zum Erkunden bietet.
Kann das Kind noch nicht krabbeln, wird es in Rückenlage gebracht. Mama oder Papa zeigen ihm einen leichten Ball, welchen das Baby meist zunächst mit den Augen verfolgt. Dann wird es versuchen danach zu greifen und den Ball später zunächst zwischen die Füße klemmen, um diesen anschließend festzuhalten und mit dem Mund zu untersuchen.
Ältere Babys, die schon krabbeln können, lieben es ihr Gleichgewicht zu trainieren. Dazu eignen sich verschiedene schräge Ebenen und kleine Podeste besonders gut, denn diese animieren das Kind sich zu bewegen und seine Koordination zu schulen. Während der Übungen sollten Eltern ihr Tun sprachlich begleiten und wann immer es möglich ist mit dem Baby in Interaktion treten, indem sie es anlächeln und Körperkontakt herstellen.
Mehr im Web zum Prager Eltern Kind Programm:
[unordered_list style=“arrow“]
- www.pekip.de/konzept/45.html
- www.netmoms.de/magazin/baby/babykurse/prager-eltern-kind-programm-pekip/
- www.babycenter.de/a8684/pekip
[/unordered_list]
Ist PEKiP für alle Babys gleich gut geeignet?
Den meisten Babys macht PEKiP Spaß – schon allein, weil sie dabei unbekleidet sein dürfen und nichts sie einengt. Sie genießen es, selbstständig auf Entdeckungstour zu gehen, neue Erfahrungen zu machen und gleichzeitig die Aufmerksamkeit ihrer Mütter und Väter zu genießen die mit ihnen singen und spielen.
Sobald die Kinder jedoch Anzeichen von Überforderung zeigen, sollten Eltern die Einheit beenden und ihrem Baby die Gelegenheit geben, zu essen, zu trinken oder sich auszuruhen.
Grundsätzlich ist es generell möglich und sogar erwünscht, die Bedürfnisse der Kinder auch während der PEKiP-Stunde zu befriedigen. Schließlich geht es ja gerade darum, die Signale besser deuten zu lernen, welche die Babys aussenden. Es ist also kein Problem, nebenbei zu stillen, ein Gläschen zu füttern oder dem Kind ein kleines Schläfchen zu ermöglichen. 90 Minuten können lang werden – besonders dann, wenn der Kurs zu einer Zeit stattfindet, in der das Kind gewöhnlich schläft oder eine Mahlzeit einnimmt.
Daher ist es wichtig, dass Eltern und Kind eine PEKiP-Stunde nur besuchen, wenn sich beide gesund und fit fühlen. Alles andere wäre zu anstrengend. Ganz vereinzelt gibt es auch Babys, die den wöchentlichen Treffen gar nichts abgewinnen können und mit Dauerschreien reagieren. In diesem Fall macht es wenig Sinn, das Programm auf Biegen und Brechen durchzuziehen. Eltern sollten dann lieber einen neuen Start versuchen, wenn ihr Kind etwas älter ist.
Es gibt übrigens auch genug Mütter und Väter, die PEKiP wenig abgewinnen können, weil sie beispielsweise nicht gerne singen oder sich generell unwohl fühlen, weil die Chemie zwischen den Erwachsenen nicht stimmt. Auch in diesem Fall muss sich niemand genötigt fühlen, am Kurs teilzunehmen. Auch Babys spüren es, wenn sich Mama und Papa nicht wohl fühlen und reagieren irritiert. Kein Kind hat einen Nachteil, wenn es nicht an einem PEKiP-Kurs teilgenommen hat, zumal es viele Alternativen gibt wie beispielsweise das Babyschwimmen oder Krabbelgruppen mit anderen Schwerpunkten.
Unter www.pekip.de finden Eltern weitere detaillierte Informationen und können herausfinden, wo im Umkreis ihres Wohnortes aktuell Kurse angeboten werden.